Warum wir den Shitstorm lieben!

Warum wir den Shitstorm lieben!

Ein Werbefoto zeigte ein kleines Mädchen mit Banane in der Hand an den Kühlergrill einer hochmotorisierten Audi-Limousine gelehnt. Ein moderater Shitstorm brach Anfang August los – Kind vor Kühler weckt nicht immer nur gute Assoziationen… Audi entschuldigte sich – hatte aber massenhaft kostenlose PR…

Zerstör-Videos schreckten vor einigen Jahren den Kaffeemaschinen-Hersteller „Keurig“ (Teil des deutschen Imperiums der Familie Reimann) auf – die Firma hatte zuvor Werbung in einer Fox-TV-Show („Trumps Lieblings-Sender“) ausgesetzt, nachdem der Moderator den sexuellen Missbrauch eines republikanischen Abgeordneten an sehr jungen Damen relativiert hatte. Konservative Fans zerstörten daraufhin publikumswirksam ihre Kaffeemaschinen – „man wird ja schließlich noch junge Dinger anmachen dürfen, hallo??…“

Die Folge? Die Firma Keurig beherrschte tagelang die Schlagzeilen, und viele liberale Amerikaner dachten: „Schau – so eine politisch korrekte Firma, vielleicht sollte man der mal unter die Arme greifen…“ Und die Keurig-Zerstörer brauchten natürlich auch neue Kaffee-Automaten – Abwrackprämie auf Amerikanisch!

Das Marketing-Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ wurde für die Sportmarke „Nike“ Kalkül. Ein Werbefilm zeigte schwarze Sportler um den Football-Star Colin Kaepernick in der Hauptrolle. Kaepernick war dafür bekannt, aus Protest gegen Polizeigewalt bei der Nationalhymne im Stadion niederzuknien. Daraufhin verbrannten haufenweise Rechte und Rechtsextreme ihre Nike-Schuhe – was zu einer Nike-Umsatzsteigerung von sechs Milliarden Dollar führte…

Ein Shitstorm ist ein wenig wie Rodeo-Reiten – oder Beschwerden bei der Deutschen Bahn: Es fühlt sich erst mal unbequem an, aber wenn man den Haken raushat, wird es lukrativ… Die Wiener Kabarettistin Lisa Eckhart wurde unsinnigerweise von einem Hamburger Literaturfestival wieder ausgeladen, weil sich Einige an ihrem Humor störten – PR-trächtig zur Veröffentlichung ihres Debüt-Romans… CO2-freundliche Umsatzsteigerung durch Zuhausebleiben – kennt man sonst nur von Amazon!

Eine PR-Meisterleistung vollbrachte mein Freund und Kollege Florian Schröder, der im NDR die Corona-Maßnahmen kritisierte, daraufhin letzte Woche zu einer Anti-Corona-Demo eingeladen wurde, wo er sich zu Maskentragen und Abstand bekannte – und prompt ausgebuht wurde. Bravo – Florian!