Warum wir uns so gern duellieren!

Warum wir uns so gern duellieren!

Die gute Nachricht mal gleich vorab: Deutschland braucht kein Valium mehr – es hat ja die TV-Duelle! Die sedierende Kraft von Angela Merkel ist mittlerweile so stark, dass sie wie die Schlange Kaa im „Dschungelbuch“ alle um sich herum in Tiefschlaf versetzen kann: „Hör gut zu, glaube mir, Augen zu, vertraue mir…“ Das funktioniert bei beim Kontrahenten, dem „Mogli der SPD“, fast genauso gut wie bei den vier „Geiern“ der Moderation. Selten wurde ein ganzes Volk von Presse und Regierung so gezielt eingelullt und hypnotisiert wie vor der diesjährigen Bundestagswahl. Nicht streitbar genug – lautete ein häufiger Vorwurf – aber wie will man auf einer Überdosis Merkel-Diazepam noch streiten? Allein die Augen offen zu halten erfordert schon übermenschliche Kräfte.

Also ging es mal wieder um: Flüchtlinge! Eine Stunde lang. Als hätte dieses Land keine anderen Probleme. In einer seltsam rückwärtsgewandten Debatte, wie man sie sonst nur von der AfD, der Diesellobby oder Lord Voldemort aus Harry Potter kennt, wird das Placebo unserer Tage so breit getreten wie Hundekacke im Wedding. „Islamistische Gefährder“, eine sehr kleine Randgruppe der Kriminalität, nimmt mehr Platz ein als der Brexit, die Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, die Hebammen-Vernichtung oder Bildung. Zusammen, wohlgemerkt. Denn die kamen schlicht nicht vor bei Angela Merkel, Martin Schulz oder in den Fragen der Moderation.

Dafür haben wir ein neues tolles Wort gelernt: Musterfeststellungsklage! Das freut den Germanisten – endlich kriegen die längsten Worte im Duden wie Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung oder „Donaudampfschifffahrtgesellschaftskapitänsmützenanstecker“ eine ernstzunehmende Konkurrenz.

Letztere erstickt die Amtsinhaberin übrigens gern mal mit einem sehr engen Korsett, in das sie ein TV-Duell presst, nur um sich am Ende zu beschweren, dass da ein sehr enges Korsett war. Das ist ein wenig, als bestelle man sein Steak gut durchbraten, um dann zu klagen, es wäre nicht blutig genug. Zusammen mit der „Haushalts-Schwamm-Strategie“, die darin besteht, Gegenpositionen einfach aufzusaugen und in das eigene System zu integrieren – eine Strategie, die sie vermutlich von multiresistenten Krankenhaus-Erregern übernahm – wird das System Merkel so nahezu „Gegengift-sicher“.

Nimmt es da Wunder, dass ein Drittel der Deutschen abdriftet in ein gezieltes Desinteresse oder eine Verschwörung? Oder in beides: eine gezielt desinteressierte Verschwörung – oder wie man bei VW sagt: Aufsichtsrat!

Die einzigen, die vom TV-Duell profitiert hätten, wären die Satiriker, heißt es gern. Nun sind aber Satiriker die einzige Berufsgruppe, die im Grunde ihres Herzens bettelt: Macht uns arbeitslos! Bitte! Liefert einfach kein Material mehr! Wir sitzen auf mehreren Butterbergen ungenutzter Gags, möchten die gern aufbrauchen und dann einfach gar nichts mehr sagen müssen…

Immerhin: Deutschland nimmt sich ganze 97 Minuten Zeit, um die Zukunft der nächsten vier Jahre zu diskutieren. Das ist die gefürchtete „deutsche Effektivität“ – oder der Beweis, dass Rinderwahn doch gefährlicher ist als bislang gedacht… Darüber gerät gern mal ins Vergessen, dass Martin Schulz vielleicht nicht die beste, aber die erfolgversprechendste Alternative zur jetzigen Regierung ist!